Um das direkt vorwegzunehmen: gute Führung ist ein Zusammenspiel von Kopf- und Bauchentscheidungen.
Das Führungskräfte intuitiv handeln und Entscheidungen intuitiv treffen, ist ein Tabuthema.
Dabei geben laut einer Umfrage 23% aller Führungskräfte an, Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen (Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Jon Aarum Andersen).
Gleichzeitig leugnen diese Führungskräfte Dritten gegenüber, Entscheidungen intuitiv getroffen zu haben. Häufig werden vorgeschobene, rational erklärbare Gründe als Erklärung für das eigene Handeln herangezogen.
Nicht anerkannt – von erfahrenen Führungskräften erfolgreich angewandt: Intuition ist ein Tabuthema.
Was bedeutet Intuition? Eine kurze Begriffsklärung:
In uns schlummert mehr als das uns auf der Ratio zur Verfügung stehende Wissen. Von Intuition sprechen wir, wenn Entscheidungen getroffen werden, ohne bewusste Gründe dafür heranziehen zu können oder ohne den bewussten Einsatz des Verstandes.
Dabei müssen die der Entscheidungen zugrunde liegenden Zusammenhänge nicht explizit verstanden werden. Vieles bleibt unklar, nicht erklärbar. Umgangssprachlich spricht man von „Entscheidungen aus dem Bauch heraus“. Die Lösung scheint auf einmal da zu sein – das Zustandekommen dieser Lösung können wir uns zunächst nicht erklären.
Der Zufall trifft nur einen vorbereiteten Geist. (Louis Pasteur)
Vielleicht hast du das auch schon mal erlebt: eine wichtige Entscheidung steht an. Gerade wir Ingenieure neigen dazu, in „Für und Wider“ zu denken. Sofort ist dir klar, was du zu tun hast, um eine Entscheidung treffen zu können: als verantwortungsvolle Führungskraft holst du dir verschiedene Meinungen zum Thema ein, befragst die Experten in deinem Team.
Im nächsten Schritt erstellst du dir eine Liste mit zwei Spalten: in der rechten Spalte sammelst du alles, was gegen diese Entscheidung spricht, in der linken Spalte alles, was für diese Entscheidung spricht. Vielleicht legst du sogar noch eine Gewichtung der verschiedenen Punkte fest.
Nun hast du es vor dir, schwarz auf weiß. Aber das, was da steht fühlt sich falsch an. Wenn du so entscheidest, hättest du ein schlechtes Gefühl. Wo? Genau, im Bauch!
Die passende Entscheidung ist eine andere. Nur warum das so ist, das kannst du nicht mit Faktenwissen belegen. Fatal in einer rational denkenden und handelnden Welt.
Viele Führungskräfte, die dies erkennen berichten von Zweifeln an der eigenen Führungsfähigkeit. Ist das als Führungskraft – gerade in technischen Berufen – akzeptables und professionelles Handeln? Ja, ist es!
Ein Appell für gute intuitive Entscheidungen
Exzellente Führungskräfte müssen auch intuitiv entscheiden und sollten dazu stehen dürfen.
Häufig berichten Führungskräfte, dass sie im Nachgang für ihre intuitive Entscheidung rationale Begründungen suchen. Das bringt gleich mehrere Nachteile mit sich:
- Ressourcenverschwendung: Hey, du hast bereits eine Entscheidung getroffen. Genau das ist deine Aufgabe als Führungskraft. Eine Eigenschaft von exzellenten Führungskräften ist es, schnell Entscheidungen treffen zu können. Wenn du nun noch krampfhaft Belege für diese Entscheidung suchst, dann verschwendest du damit eine deiner wichtigsten Ressourcen: Zeit (und das bedeutet bekanntlich Geld).
- Du wirst angreifbar: Bauchentscheidungen lassen sich nun mal in der Regel nicht mit der Ratio begründen. Bei einer Bauchentscheidung nach dem „Warum“ zu fragen, das bleibt immer wage. Deine Argumentation bleibt schwammig und an der Oberfläche. Damit kannst du schnell ausgehebelt werden.
- Du verhinderst Veränderung: jetzt ist die Zeit, in der wir dringend neue Führungskräfte brauchen. Führungskräfte, die mutig Verantwortung und Wissen in ihr Team abgeben. Führungskräfte, die durch unsichere, anstrengende und komplexe Zeiten führen können. Immer mehr Führungskräfte haben das verstanden und treiben diese Veränderung voran. Mutig zu Kopfentscheidungen Bauchscheidungen hinzuzufügen und dazu zu stehen, auch das bedeutet neue Führung, die wir so notwendig brauchen.
Aber klar, wenn Entscheidungen mit Fakten begründet werden können, dann ist der Schuldige leicht gefunden, sollte doch etwas schief gehen. Das Fatale ist, dass du mit diesem Ansatz eine wichtige Erfahrung ausklammerst: dein innerstes Expertenwissen.
Vielleicht kennst du Situationen, in denen etwas schief gegangen ist und du dich im Nachhinein erinnerst, dass du bei Entscheidungsfindung ein ungutes Gefühl oder ein inneres Fragezeichen hattest, dem du nicht nachgegangen bist. Hättest du darauf gehört und dem deine Aufmerksamkeit gegeben, die Situation hätte anders ausgehen können.
Deine Intuition zu nutzen ist der Schlüssel zu deinem Erfolg und macht dich als Führungspersönlichkeit einmalig.
Alles schön und gut, aber wie soll das in der Praxis funktionieren?
Worauf kommt es an, wenn du als Führungskraft auch unbewusste Entscheidungen bewusst zulassen willst?
Um deiner Intuition mutig und selbstbewusst in deiner Rolle als Führungskraft folgen zu können, brauchst du Antworten auf diese Fragen:
- Welche Kultur umgibt dich? Vertraut sein mit der Kultur, in der du tätig bist.
Hast du dich schon mal bewusst mit eurer Unternehmenskultur beschäftigt? Was macht euch anders als andere Unternehmen, die ein vergleichbares Produkt oder eine Lösung anbieten? Was ist eure Historie? Es macht einen Unterschied, aus einem inhabergeführten mittelständischen Unternehmen zu kommen oder aus einem Konzern. Aber bietet dir die Unternehmenskultur auch die Möglichkeit, Entscheidungen ohne valide Analysen treffen zu können? Wie ist euer Umgang mit möglichen Fehlentscheidungen und scheitern (egal, ob als Kopf- oder Bauchentscheidung)? Wie offen und mutig dürft ihr miteinander sein?
- Welche Werte treiben euch? Hier spreche ich von echten(!) Werten. Nicht von Pamphleten, die mühsam in Sätze gepresst wurden und dem Kunden gefallen sollen. Weißt du, welche Werte dir wichtig sind? Welche deinem Kollegen? Was ist die Motivation dafür, jeden Tag Höchstleistung zu erbringen? Erst wenn du das verstanden hast und lebst, bist du in der Lage, als Führungskraft Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen.
- Wie erfahren bist du? Es gehört eine gewisse Souveränität dazu und eine gehörige Portion Erfahrung, um intuitive Entscheidungen treffen zu können. Erfahrene Führungskräfte verfügen über eine Reihe von Skills, die notwendig sind, um auch Bauchentscheidungen zuzulassen: ein hohes Maß an unternehmerischer Gestaltungsfähigkeit, sie können unsichere Situationen aushalten und wissen um ihre Vorbildfunktion.
Oft werden Bauchentscheidungen als Lösungen zweiter Klasse verstanden oder als Führungstool für kopflose Unfähige. Das Gegenteil ist der Fall!
An Universitäten wird in der Regel gelehrt, Entscheidungen nach altbekannten Entscheidungstheorien zu treffen. Formeln, Software oder externe Berater sollen die Verantwortung für Entscheidungen übernehmen. Hier findet keine echte Verantwortungsübernahme statt.
Erfahrene Führungskräfte aber verfügen über verschiedener Handlungsmöglichkeiten, um zu Entscheidungen zu kommen – rational-analytische und intuitive. Dieses Wissen ist ihren persönlichen Erfahrungen zuzuschreiben. Es hat sich im Laufe der Jahre entwickelt. Die Kunst des Führens besteht darin, zu wissen, in welcher Situation welche Entscheidungsregel angewandt werden sollte.
Die Grenzen der Intuition
Es ist richtig, dass auch Intuition in die falsche Richtung lenken kann. Doch ist es ein großer Fehler anzunehmen, dass sich alle Entscheidungsprozesse durch Analyse (besser) lösen ließen. Wenn intuitive Entscheidungen in einem Umfeld oder zu einem Thema getroffen werden sollen, zu dem es zu wenige Erfahrungen oder in Unterbewussten abgespeicherte Referenzinformationen gibt, dann kann es umso schneller zu Fehlentscheidungen kommen.
Es ist unabdingbar, dass sich auch bei intuitiven Entscheidungen die Führungskraft austauscht zu dem Entscheidungsprozess. Intuitive Entscheidungen beruhen immer auf Erfahrungen in der eigenen Lebenswelt.
Schnell kann es passieren, dass wichtige Informationen ausgeklammert werden. Wenn dieser, der intuitive Entscheidungsprozess diskursfähig wird und offen besprochen werden kann, so wird der Gewinn groß sein.
Du kannst es vergleichen mit dem Spielen eines Instruments. Auch darüber musst du nicht mehr nachdenken, wenn du jahrelang Unterricht hattest und fleißig geübt hast. Nun beherrschst du es.
Intuition stellt sich dann ein, wenn eine Tätigkeit im Unterbewusstsein ankommt (auch vergleichbar dem Autofahren). Gerade Führungskräfte mit einer hohen Expertise wissen oft nicht mehr, warum sie das, was sie tun in genau der Art und Weise tun.
Intuition ist das Ergebnis jahrelanger Erfahrung und harter Arbeit.
Unsere Welt ist zu komplex, um nur rationale Entscheidungen zuzulassen. Mach mit und lerne, deiner Intuition zu vertrauen.
Weil die Welt Ingenieure wie dich braucht!
Du möchtest wissen, wie du deine Intuition trainieren und ihr vertrauen kannst? Klicke hier und hole dir das Poster dazu.